Anforderungen an die neuen Schiffe

In   den   Unterlagen   des   Nationaal   Archief   Den   Haag   taucht   ein   Schreiben   M.H.   Tromp   vom   März   des   Jahres   1653   auf,   welches   uns   vor   Augen führt,   dass   die   Kritik   der   Praktiker   grundsätzlicher   Natur    war.   Hier   wurden   keine   kleinkarierten   Anforderungen   an   die   neuen   Schiffe   gestellt.   Es ging   den   Seeleuten,   die   sich   ja   später   mit   den   Schiffen   in   die Auseinandersetzungen   mit   dem   Feind   trauen   mussten,   um   ganz   wesentliche   Dinge. W.C.de   With   hatte   ja   schon   kurz   zuvor   genau   diese   nun   von   M.H.   Tromp   aufgezeigten   Schwächen   beschrieben.   Die   Schiffe,   die   sie   kannten, waren   nicht   optimal   für   ihre   Bedürfnisse   entworfen.   Den   Schiffbauern   fehlten   noch   die   notwendigen   theoretischen   Kenntnisse,   um   die   Schiffe   für einen   Einsatz   zu   verbessern.   Ihre   über   Generationen   entwickelten   Entwurfspraktiken   ließen   wenig   Spielraum   für   grundlegende   Änderungen beziehungsweise   Neuerungen   zu.   Ein   Besteck,   das   über   Jahrzehnte   Bestand   hatte,   wurde   nur   punktuell   korrigiert.   Selbst   als   man   in   der   Praxis gesehen   hatte,   dass   weitere   Schiffe   für   den   Kriegseinsatz   besser   geeignet   waren,   hatte   man   diese   Hürde   nicht   nehmen   können.   Die   mangelnde Kenntnis   über   die   Theorie   des   Schiffes   und   ein   sehr   starkes   Festhalten   an   überkommenen   Traditionen   hielten   die   Menschen   fest   im   Griff. Innovation war auf dem Gebiet des Schiffbaus schwer möglich. Sinngemäß stellte M.H. Tromp folgende Forderungen auf: 1. Die neuen Schiffe müssen hart gesegelt werden können. 2. Sie sollten steif unter Segel sein und die untere Batterie muss oberhalb des Wasserspiegels liegen. 3. Sie sollten weder vorne noch Achtern zu viel Sprung bekommen. Wiederum würden die mittleren     Stückpforten der unteren Batterie zu niedrig liegen, wenn die Schiffe falsch gebaut würden. 4. Sie sollten alle Pforten in einer Batterie gleichmäßig groß fertigen, weil dadurch die Kanonen austauschbar wären. 5. Sie sollten die Pforten vorne und Achtern breiter ausführen, da die dort stehenden Geschütze in verschiedene     Richtungen schießen können mussten. 6. Sie sollten den Überläufen und Kuhbrücken der Schiffe vorne und Achtern möglichst wenig Sprung geben. 7. Sie sollten den Überläufen und Kuhbrücken nicht mehr als 4 Daumen Bucht geben, da dieses zum Ablaufen des     Wassers reichen würde. 8. Sie sollten zwischen den Booten und der Bordwand genügend Raum für die 12-Pfünder vorsehen. 9. Sie sollten den Schiffen mit zwei Kanonendecks auch je ein Halb- und Backdeck geben. Die weiteren Punkte seines Schreibens bezogen sich auf die umzubauenden Handelsschiffe.

Instandsetzung der Brederode

Im   Dezember   1652   wurde   die   Brederode   während   eines   Seegefechts   mit   den   Engländern   stark   beschädigt .   Der   Schaden   war   so   beträchtlich, dass    M.H.   Tromp    den    Versuch    unternahm,    den    Generalstaaten    neben    der    allgemeinen    Instandsetzung    des    Schiffes    auch    eine    generelle Verbesserung   der   Fahreigenschaften   abzuringen.   Er   hatte   vor   Beginn   des   Einsatzes   auf   See   schon   mit   dem   Leiter   der   Admiralitätswerft   J.S.v. Tempel   dieses   Problem   erörtert.   Man   beabsichtige,   dem   Schiff   von   der   Kimm   bis   unter   die   Berghölzer   eine   zweite   Außenhaut   zu   geben.   Mit diesem,   von   M.H.   Tromp   genannten   Bauch,   sollten   die   Fahreigenschaften   verbessert   werden.   Die   Funktion   der   unteren   Geschützlage,   die   schon bei   leichtem   Seegang   nur   bedingt   einsatzfähig   war,   könnte   so   wieder   hergestellt   werden. Am   26.   Februar   1653   wurde   in   einem   Bericht   vermerkt, dass   die   150   Planken   in   einer   Stärke   von   3   ½   Daumen   schwer   zu   bekommen   seien.   Man   bemühte   sich,   diese   für   die   zusätzliche   Außenhaut erforderlichen Planken  dennoch zu besorgen. Die   Reparaturen   an   der   Brederode   zogen   sich   endlos   hin.   Im   März   1653   versuchten   die   Verantwortlichen   der   Admiralität,   diesen   noch   nicht bearbeiteten   Punkt   der   Reparatur   des   Schiffes   nun   endlich   zu   regeln .   Nebenbei   wurde   das   Thema   der   zusätzlichen   Außenhaut   noch   einmal kritisch   hinterfragt.   Man   hatte   wohl   in   der   Zwischenzeit   verschiedene   Schiffbauer   und   auch   erfahrene   Seeleute   dazu   befragt.   Eine   unterschwellige Ablehnung   konnte   nicht   überhört   werden,   da   es   sich   vermutlich   um   eine   selten   praktizierte   Maßnahme   handelte.   Wie   sich   aus   den   späteren Unterlagen   herauslesen   lässt,   wurde   die   zusätzliche Außenhaut   im   Zuge   der   Reparaturmaßnahme   letztlich   doch   umgesetzt.   Die   Verantwortlichen Praktiker   lobten   nach   der   Maßnahme   dieses   Schiff   wegen   der   guten   Fahreigenschaften.   Man   hatte   das   Schiff   lediglich   um   ca.   180   mm   weiter gemacht.   Die   Kosten   dieses   Bauches   beliefen   sich   auf   rund   8000   Gulden.   Da   aber   die   Stadt   Rotterdam   dafür   aufkommen   sollte,   die   nötigen Kosten   aber   nicht   begleichen   konnte,   versuchte   man   sich   abzustimmen,   dass   sie   eine   Summe   von   5600   Gulden    beisteuerte.   Den   eingesehenen Unterlagen konnte leider nicht entnommen werden, wie man sich letztendlich geeinigt hatte.

Ein Besteck für die Eendracht

Hier   sollte   ursprünglich   das   Originalbesteck   der   Eendracht   veröffentlicht   werden.   Leider   war   es   trotz   mehrfacher   intensiver   Suche   nicht   gelungen, die   Bestecke   der   ersten   Bauserie   1653/54   im   Nationaal Archief   Den   Haag   zu   finden.   Dennoch   ist   ein   Besteck   der   zweiten   Bauserie   1654/55   ans Tageslicht   gekommen,   sodass   eine   Beschreibung   dieses   Kriegsschiffes   von   150-Fuß-Schiffslänge   möglich   geworden   ist.   Wie   bereits   dargelegt, mussten   die   Kriegsschiffe   der   zweiten   Bauserie   umgehend   nach   den   Bestecken   der   ersten   Bauserie   gefertigt   werden.   So   können   wir   unterstellen, dass das hier gezeigte und beschriebene Besteck auch für die Eendracht genutzt wurde. Alle   eingesehenen   Originaldokumente   im   Nationaal   Archief   Den   Haag   belegen,   dass   die   Abmessungen   der   Bauteile   in   den   Bestecken   im Amsterdamer   Maßsystem   verfasst   worden   waren.   Die   ausführenden   Werften   hatten   allerdings   die   geforderten   Abmessungen   in   die   ihnen vertrauten   Maßsystemen   umgerechnet.   So   konnten   die   Bauaufträge   ohne   große   Reibungsverluste   ausgeführt   werden.   Die   Verantwortlichen   der Admiralitäten handelten genauso wie die Mitarbeiter der Werften, sie arbeiteten mit den ihnen vertrauten Systemen.
Literatur Literatur
Das Empfehlungsschreibens von M.H. Tromp vom März 1653. NL-HaNA], Staten-Generaal, 1.01.02, Inv. Nr. 5553, März 1653