Die Verzierung der Eendracht

Der   Autor   verlässt   mit   diesem   nun   folgenden   Kapitel   die   sicheren,   ihm   bekannten   Gefilde   des   Schiffbaus   und   begibt   sich   auf   ein   ihm   eher   fremdes Terrain.   Es   geht   im   Folgenden   um   die   Verzierungen   der   Kriegsschiffe   allgemein   und   um   im   speziellen   um   das   hier   rekonstruierte   Schiff.   Der   kundige Leser möge den Versuch einer Beschreibung dieses schwierigen Themas kritisch begleiten und die sich eingeschlichen Fehler tolerieren. Generell   kann   hervorgehoben   werden,   dass   alle   60   Kriegsschiffe   dieses   Flottenbauprogramms   mehr   oder   wenig   verziert   werden   mussten.   Jede Admiralität   hatte   die   Aufgabe,   die   Schiffe   mit   entsprechenden   Schmuckelementen   auszustatten.   Diese   Aufgabe   wurde   vermutlich   von   einem,   oder mehreren Architekten   wahrgenommen.   Der Architekt   machte   die   entsprechenden   Entwürfe   und   versorgte   die   Bildhauer   damit.   Die   Bildhauer   wiederum mussten    Rechnung    dafür    tragen,    dass    die    Schiffe    entsprechend    den    Vorgaben    ausgestattet    wurden.    Die    Hintergründe    eines    solchen Verzierungsprogramms sind eigentlich nicht erforscht. Die niederländischen Archive schweigen zu diesem Thema beharrlich. Es   gibt   jedoch   vereinzelnd   dürftige   Hinweise   auf   die   Vergabe   dieser Arbeiten.   Diese Arbeiten   wurden   wie   alle   anderen Arbeiten   auch,   an   ein   Besteck geknüpft.   In   den   erhalten   gebliebenen   Unterlagen   der   Admiralität   Rotterdam   kam   eines   dieser   seltenen   Schreiben   zum   Vorschein.   Es   ging   um   die Verzierung   des   zweiten   150-Fuß-Kriegsschiffes,   der   Groot   Holland.   Der   Bildhauer   Willem   Jacobsz.   Beeltsnyder   hatte   1655   an   der   öffentlichen Ausschreibung   dieser Arbeiten   teilgenommen   und   den Auftrag   für   sich   sichern   können.   Die   entstandenen   Kosten   der   Verzierung   beliefen   sich   auf   555 Gulden.   Auch   für   die   Eendracht   tauchte   im   Admiralitäts-Archiv   ein   Schreiben   mit   entsprechendem   Inhalt   auf.   Diese   Schreiben   beinhalten   nur   den Hinweis,   dass   es   sich   um   die   Vergabe   von   Aufträgen   handelte.   Nähere   Informationen,   oder   gar   Detailliertes   zur   Verzierung   konnte   den   Schreiben nicht   entlockt   werden.   So   lesen   wir   im   Falle   der   Eendracht   lediglich,   dass   am   Montag,   den   29.12.1653,   unter   anderem   die   Arbeit   der   Verzierung vergeben werden sollte. Die   fünf   Admiralitäten   der   Niederlande   hatten   durch   ihre   weitgehende   Eigenständigkeit   bestimmte   Programme   entwickelt.   Da   sich   von   Neubau   zu Neubau   auch   die   Schiffsnamen   wiederholen   konnten,   wurden   auch   die   wichtigsten   Verzierungselemente   des   betreffenden   Vorgängerschiffes   auf   das neu   gebaute,   namensgleiche   Schiff,   übertragen.   Ein   deutliches   Beispiel   können   wir   bei   den   Kriegsschiffen   Maagd   van   Enkhuizen   und   Het   Wapen   van Enkhuizen feststellen. Dass sich diese beiden Schiffe sehr ähneln, zeigen die entsprechenden Abbildungen. Die   Admiralität   des   Noorderkwartiers   legte   zum   Beispiel   Wert   darauf,   dass   die   meisten   ihrer   Schiffe   mit   einer   Stadtansicht   versehen   wurden.   Diese Ansicht   wurde   entweder   auf   die   Gillung   des   unteren   Spiegels,   oder   direkt   auf   dem   oberen   Spiegel   dargestellt.   Ähnlich   verfuhr   man   auch   in   Zeeland. Hier   bekamen   die   neu   gebauten   Kriegsschiffe,   fast   ausschließlich   Städtenamen,   wie   zum   Beispiel   Vlissingen,   Middelburg,   Verre   oder   Zierikzee.   Diese vier   Schiffe   hatten   eine   Länge   über   Steven   von   130-Fuß.   Das   größte   der   fünf   Schiffe   mit   einer   Länge   von   136   Fuß   hatte   den   Namen   Zeelandt bekommen. Die Admiralität Amsterdam   legte   unter   anderem   Wert   darauf,   dass   ihr   Stadtwappen   am   oberen   Spiegel   gut   sichtbar   befestigt   wurde.   Über   die   Schiffe der   Admiralität   Friesland   ist   leider   nicht   viel   bekannt,   da   bei   einem   verheerenden   Brand   in   der   Nacht   vom   12   auf   den   13.   Januar   1771,   fasst   alle Dokumente   vernichtet   wurden.   Die   wenigen   Unterlagen,   die   verstreut   in   den   Archiven   des   Nationaal   Archiefs   in   Den   Haag   lagern,   geben   keine Auskunft   darüber,   wie   man   es   in   Friesland   gehandhabt   hatte.   Die   Admiralität   Rotterdam   legte   scheinbar   nicht   so   großen   Wert   auf   bestimmte Verzierungselemente. Man kann den W.v.de Veldes nicht entnehmen, was den Rotterdamern wichtig erschien. Selbst   die   Verzierungen   der   Kriegsschiffe   mit   dem   Namen   Eendracht   hatten   Gemeinsamkeiten   mit   der   Eendracht   von   1653/54.   So   zum   Beispiel   beim 1665/67 neu aufgelegte Schiff Eendracht. Es hatte wiederum verschiedene Verzierungselemente der Eendracht von 1653/54 übernommen. Nachdem   der   Prins   Willem   II   1650   überraschend   verstorben   war,   begann   eine   Zeit   ohne   einen   Statthalter.   Die   Generalstaaten   füllten   das   entstandene Macht-Vakuum   und   übernahmen   die   Regierungsgeschäfte.   Damit   wurde   der   Einfluss   des   Hauses   Oranje   auf   die   Belange   des   Landes   für   lange   Zeit unterbunden.   Erst   1672   konnte   Willem   III   die   Macht   im   Lande   wieder   an   sich   reißen.   Interessant   ist,   dass   sich   das   Land   nach   1650   zur   Republik entwickelte.   Die   Freiheit   des   Einzelnen   bekam   einen   hohen   Stellenwert.   Man   sprach   in   dieser   Zeit   auch   von   der   wahren   Freiheit,   die   sich   Sinnbildlich durch   verschiedene   Attribute   manifestierte.   Ein   Sinnbild   war   Beispielsweise   der   Freiheitshut.   Schon   1651   wurde   das   Kriegsschiff   mit   dem   Namen Vrijheid gebaut. Der obere Spiegel wurde dem Namen gerecht durch die holländische Maagd mit dem Freiheitshut geschmückt.

Der untere Spiegel

Der   untere   Spiegel   wurde   an   der   Eendracht   nicht   verziert.   Lediglich   die   Außenhaut   war   im   Bereich   der   Gillung   zwischen   Heckbalken   und   erstem Hackebord   an   beiden   Seiten   des   Schiffes   mit   je   einem   Delfin   versehen.   Er   schmiegt   sich   der   Kontur   der Außenhaut   an.   Die   Delfine   zählten   von   jeher zu   den   Freunden   des   Menschen.   Da   sie   auch   als   Beschützer   des   Menschen   gesehen   wurden,   trifft   man   sie   häufig   an   den   Schiffen   an.   Man   sagte ihnen nach, dass sie sich ohne zu zögern in große Gefahren begeben würden, um symbolisch einen Staat zu schützen.

Der Name des Schiffes

Der   Name   der   Eendracht   wurde   im   Bereich   der   Gillung   oberhalb   des   Heckbalkens   auf   einem   fliegenden   Band   gezeigt.   Bei   anderen   Kriegsschiffen deutete   ein   Wappen   am   oberen   Spiegel   auf   den   möglichen   Namen   hin.   Auch   Städteansichten   kamen   vor.   Diese   befanden   sich   entweder   auf   der Gillung oberhalb des Heckbalkens, oder auch am oberen Spiegel.