Das Geschützwesen

Im   ersten   Drittel   des   14.   Jahrhunderts   begann   man   in   Europa,   Schiffe   mit   Kanonen   auszustatten.   Hierbei   handelte   sich um   Eisengeschütze,   die   in   trogähnlichen   räderlosen   Holzlafetten   eingebettet   waren.   Zusätzlich   wurden   wesentlich kleinere   Geschütze   in   drehbar   gelagerten   Gabeln   auf   der   Reling   angeordnet,   die   man   Drehbassen   nannte.   Es   liegt   auf der    Hand,    das    diese    Waffensysteme    nur    bedingt    tauglich    waren,    größere    Schäden    anzurichten.    Eine    bessere Handhabung   der   Systeme   war   erst   möglich,   als   um   1450   in   Flandern   eine   bahnbrechende   Erfindung   gemacht   wurde. Die   Schildzapfen   wurden   erfunden.   Während   des   Herstellungsprozesses   der   Rohre   wurden   die   seitlich   angeordneten Drehlager   integriert.   Hatte   man   die   Schildzapfen   richtig   angeordnet,   konnte   das   Rohr   in   einer   Lafette   ausgerichtet werden. Seit dieser Zeit war es möglich, den Flug einer Kanonenkugel in geeignete Bahnen zu lenken. Das   Europa   des   16.   und   17.   Jahrhundert   war   geprägt   durch   eine   Reihe   von   Land-   und   Seekriegen.   Der   achtzig   Jahre währende   Befreiungskrieg   (1568-1648)   der   Niederlande   gegen   die   damalige   Weltmacht   Spanien   hatte   es   erforderlich gemacht,   eine   eigene,   unabhängige   Waffenproduktion   im   Lande   aufzubauen.   Noch   im   16.   Jahrhundert   und   zu   Beginn des   17.   Jahrhunderts   wurden   viele   Bestandteile   der   Kleinwaffen   im   Ausland   teuer   eingekauft   und   in   den   Niederlanden zusammengebaut.   Sie   wurden   überwiegend   im   Ostdeutschen   Suhl   gekauft.   Die   Teile   der   Kleinfeuerwaffen   mussten nach   1634   selbst   hergestellt   werden,   da   die   im   16.   und   17.   Jahrhundert   bedeutende   Suhler   Waffenschmiede   1634 während des 30-jährigen Krieges (1618 -1648) vollständig  zerstört wurde. Während     des     ersten     englisch-niederländischen     Seekrieges     und     der     damit     verbundenen     Aufrüstung     beider Seestreitkräfte   wurde   auf   englischer   Seite   die   Forschung   bezüglich   der   Herstellung   der   Geschützrohre   aus   Eisen intensiviert.    Durch    die    systematische    Weiterentwicklung    der    Gießtechnik    mit    nachfolgender    Erprobung    hatten    die englischen Manufakturen im frühen 17. Jahrhundert die Fertigung nach und nach verbessert. In   den   Niederlanden   wiederum   konnten   die   Geschützgießer   bis   ca.   1640   nur   Geschütze   aus   Bronze   fertigen.   Die Kenntnisse   und   Fähigkeiten   des   Eisengusses   hatten   sie   sich   in   den Anfängen   nicht   angeeignet.   Dieses   hatte   zur   Folge, dass Fremdlieferungen aus den europäischen Nachbarländern auf der Tagesordnung standen. Durch   die   Wahl   ungeeigneten   Materials   zerborstenen   nicht   nur   in   den   Anfängen   häufig   die   Rohre   beim   Abschuss   der Kanonenkugel.   Erschwerend   kam   hinzu,   dass   die   Überprüfung   des   Kugeldurchmessers   während   eines   Gefechts   große Schwierigkeiten   bereitete.   Die   unterschiedlichen   Kalibergrößen   innerhalb   einer   Batterie   machten   das   Ganze   nicht leichter.    Die    verheerenden    Schäden    auf    den    eigenen    Schiffen    an    Mensch    und    Material    führten    dazu,    das Eisengeschütze    nicht    gerne    eingesetzt    wurden.    Erst    nachdem    der    Nürnberger    Georg    Hartmann    1540    den Kalibermaßstab erfunden hatte, war es möglich, eine geeignete Kanonenkugel dem Geschützrohr zuzuordnen. Alleine   während   der   Viertageseeschlacht   vom   11   bis   14.06.1666   gingen   113   von   ca.   4600   Geschützrohren   durch   Bruch verloren.   Davon   44   18-Pfünder,   28   12-Pfünder,   13   8-Pfünder,   10   6-Pfünder,   1   4-Pfünder,   16   3-Pfünder   und   1   2-Pfünder. Ob es sich hier nur um Eisengeschütze handelte, ist leider nicht überliefert.
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Kalibermaßstab: das Original befindet sich im Marine Museum Karlskrona. Zeichnung © Werner Ulrich, 2018