Allgemeines

Ursprünglich war geplant, alle verfügbaren Informationen zur Takelung einer einzigen Quelle zu entnehmen. Jedoch das Studium der vorgesehenen handschriftlichen Unterlage, die Mitte des 17. Jahrhunderts für die Rotterdamer Admiralität verfasst wurde, lies schnell erkennen, dass eine Quelle für die Rekonstruktion der Takelung nicht ausreichend war. Die Bücher von N. Witsen und C.van Yk legten offen, dass beide eine unterschiedliche Sichtweise hatten. Obwohl C.van Yk der handschriftlich verfassten Evenredigen Toerusting (im folgenden Evenredige) noch sehr nahe kam, konnten die Überlieferungen von N. Witsen weniger genutzt werden. Das mag daran liegen, dass N. Witsen sich überwiegend mit den Handelsschiffen seiner Zeit beschäftigt hatte. Die Evenredige aus der Zeit des zweiten Flottenbauprogramms scheint von Fachleuten der Admiralität Rotterdam um die Mitte des Jahrhunderts entworfen worden zu sein. Sie sollte sicher als grober Leitfaden zur Vereinheitlichung der Ausrüstung und Takelung der neu gebauten Kriegsschiffe dienen. Hatte man schon mit den mehr oder weniger einheitlichen Bestecken für die Schiffsrümpfe eine einheitliche Bauweise versucht, wurde mit diesen Empfehlungen hier auch eine einheitliche Takelung und Ausrüstung der Schiffe angestrebt. Da dieses Manuskript jedoch nicht für den Laien, sondern für die damaligen Fachleute entworfen war, setzte man aufseiten der Benutzer ein entsprechendes Basiswissen voraus. Die aufgeführten Beispielbestecke in der Evenredigen beschrieben die kleineren, häufig gebauten Kriegsschiffe. Hierbei handelte es sich um ein Schiff mit einer Schiffsweite von 27 Fuß und ein weiteres mit einer Schiffsweite von 34 Fuß. Ersteres wird eine Schiffslänge von 100 bis 120 Fuß, Letzteres von 136 Fuß gehabt haben. Erschwerend kam hinzu, dass das Takeln eines Schiffes nicht mehr zur Werftleistung, sondern, wie C.van Yk mitteilte, der zukünftigen Besatzung des neuen Schiffes unterlag. Neben den bereits angeführten Quellen wurden noch einige Fachbeiträge in Zeitschriften und Unterlagen der Admiralitätssachen im Nationaal Archief Den Haag zurate gezogen. Ein glücklicher Zufall ergab sich, dass in den Unterlagen zu den Admiralitätssachen die Ausschreibungsunterlagen eines Flottenbauprogramms betreffend der Segel, Blöcke, Anker, Tauwerk und dergleichen ans Tageslicht kamen. Diese Unterlagen entstammen vermutlich dem Flottenbauprogramm der Jahre 1665/66. Nur in diesem Zeitraum hatte man sowohl 140 als auch 150-Fuß-Kriegsschiffe bauen lassen. C.van Yk äußerte sich dahin gehend, dass es zu seiner Zeit keine verbindlichen Regeln gab, um z. B. die Masten eines Schiffes zu dimensionieren. Ein Schiff, welches überwiegend in Regionen mit mäßigen Winden unterwegs war, sollte dem Urteil der damaligen Fachleute höhere Masten bekommen. Schiffe, die beispielsweise in stürmische Regionen fuhren, sollten kleinere Masten bekommen. „... Könnten wir den Wind fangen, könnten wir immer wissen, was ein Schiff in seinen Segeln vertragen kann.  Jedoch, da wir dieses nicht können, müssen wir uns auf die Erfahrungen der Fachleute berufen. ...“ Dieses Zitat aus der Evenredigen belegt einmal mehr, dass die Fachleute des 17. Jahrhunderts durchaus bereit gewesen wären, tiefer in die Geheimnisse des Windes einzusteigen. Der Autor der Evenredigen, ein durchaus wichtiges Werk für den niederländischen Schiffbau, war sich der Situation seiner Zeit durchaus bewusst. Er machte darauf aufmerksam, dass man zu seiner Zeit den Wind und die sich daraus ableitenden Kräfte nicht absolut einschätzen konnte. Den Fachleuten fehlten auch auf diesem Gebiet die nötigen mathematischen Kenntnisse. So begnügte sich der Autor in den einführenden Worten damit, auf die langjährigen Erfahrungen der betroffenen Personen hinzuweisen. Auch hier hatte man die langjährig gewonnenen Erkenntnisse in praktische, nachvollziehbare Regeln den Lesern näher bringen wollen. Die grafisch aufbereitete Abbildung  vereinigte alle wichtigen Informationen zur Dimensionierung der wichtigsten Rundhölzer. Es war relativ einfach, nicht nur die für die Eendracht notwendigen Rundhölzern der Tabelle zu entnehmen. Man konnte auf einen Blick erkennen, welche Großmastlänge, Durchmesser und Umfang für ein Kriegsschiff notwendig war. Ferner die Länge der Großmarsstenge sowie die Länge der Großbramstenge. Zu guter Letzt konnten die Verantwortlichen auch die Länge der wichtigsten Rah, nämlich der großen Rah ablesen. Die Verantwortlichen der Admiralitäten hatten es mit der hier gezeigten Tabelle recht einfach, die wichtigsten Rundhölzer eines Schiffes theoretisch festzulegen. Wie wir später noch sehen werden, wurden alle weiteren Rundhölzer von den in dieser Tabelle aufgeführten Maßen abgeleitet.

Die Rundhölzer

C.van Yk äußerte sich kritisch über die zu seiner Zeit gängige Praxis, dass die Masten und Stengen im oberen Bereich zu schwach ausgelegt wurden. Er war der Meinung, dass die Verjüngung der Masten erst zwei Topplängen unterhalb des Hummers beginnen sollte. Ebenso müssten die Masten im Hummer vier Fünftel des größten Durchmessers ausgeführt werden. Üblich wäre es aber, die Masten in diesem Bereich drei Viertel des größten Durchmessers zu wählen. So kann die Aussage vier fünftel Mastdurchmesser im Bereich des Hummers durchaus als Wunsch C.van Yks gesehen werden. Auch der Autor der Evenredigen gab vor, den oberen Durchmesser im Bereich des Hummers drei Viertel des größten Durchmessers zu nehmen. Der größte Durchmesser des Großmastes wurde im Bereich des Überlaufs gemessen. Die Verjüngung der Masten erfolgte bei C.van Yk durch eine einfache Konstruktion. Man unterteilte einen Viertelkreis in entsprechend gleichmäßige Teile und übertrug die erzielten Ergebnisse auf die Mastkonstruktion. Beide Autoren hatten es allerdings vermieden, den Leser mit dem Umfang der Rundhölzer zu konfrontieren. Sie gaben aus praktischen Erwägungen immer den Durchmesser eines Rundholzes an. In der Evenredigen wurden der Groß-, Fockmast und die Großstenge zeichnerisch dargestellt, ferner das Bugspriet. Hier erfolgte die Einteilung der Verjüngung der Masten in zehn gleichen Teilen. Das System der Verjüngung der Masten bis zum Hummer lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Bevor wir uns nun näher mit den wesentlichen Rundhölzern beschäftigen, sollte C.van Yk an dieser Stelle einige klärende Worte zur Vermaßung der Rundhölzer im 17. Jahrhundert kundtun. Diese als Erhellung dienenden Sätze führen uns vor Augen, wie kompliziert das damalige Leben in den einzelnen Regionen der Niederlande war. Es gab nichts Einheitliches, weder Maße noch Gewichte stimmten überein. Überall musste man umständlich
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