Die alte Handschrift in den Niederlanden
In diesem Beitrag soll der Versucht unternommen werden,
wie die alte Schrift in die heutige Zeit übertragen werden
kann. Hierzu ist es aber notwendig, sich ein wenig mit der
alten Schrift auseinander zu setzen. Wir haben es in den
Niederlanden bei den Handschriften mit einer heute kaum
noch bekannten Schriftform zu tun. Deshalb möchte ich
hier anhand von einfachen Beispielen einen möglichen
Weg aufzeigen, die Texte lesbar zu machen.
Leider gelingt das nicht in allen Fällen, sodass es immer
Begriffe gibt, die nicht zu entziffern sind. Ferner tauchen
auch welche auf, die heute nicht mehr bekannt sind. Die
alten Wörterbücher geben dann leider keine Auskunft
darüber, worum es sich handelt.
Bei den hier gezeigten Texten geht es natürlich um den
historischen Schiffbau und verwandte Gebiete. Die
damaligen Schreiber, die von Berufswegen die
Niederschriften tätigten, hatten alle einen eigenen
Schreibstil. Allen war aber gemein, dass sie in Gotisch
Cursiv schrieben. Diese Handschrift entstand etwa im 13.
Jahrhundert und wurde in den Niederlanden bis weit in das
17. Jahrhundert benutzt.
Die Schwierigkeit, die im Text enthaltenen Sätze zu finden,
bedarf einige Zeit und ist anfangs etwas mühsam. Nach
einer gewissen Zeit sieht man dann aber, wo ein Satz
beginnt und wo er aufhört. Satzzeichen, wie wir sie heute
kennen, nutzte man damals nicht in dem Maße. Hin und
wieder findet sich ein Komma, deren Bedeutung aber nicht
immer einleuchtet. Da es mir aber um die Inhalte der
Bestecke geht, stören derartige Besonderheiten nicht.
Schon im zweiten Textblock zum Kiel finden wir das
Maßsystem der Stadt Vlissingen. Der Vlissinger Fuß hatte
eine Länge von 301,42 mm und beinhaltete 12 Daumen,
den Daumen zu 25,12 mm. Ferner finden wir eine kleine
Besonderheit, die ganz selten in den Bestecken genannt
wird. Der Kiel hatte eine eher magere Höhe von 9 Daumen.
Die Unterkante der Sponung lag von oben gemessen bei
4 Daumen. Würden wir der allgemein bekannten Formel
folgen, die besagt, dass die Sponung 2/3 der Kielhöhe
betragen sollte, wären wir bei diesem Schiff auf dem
berühmten Holzweg.
Zu den Steven fiel dem Schreiber nicht sonderlich viel ein.
Es war Sache der Vertragspartner, dieses festzulegen. Für
eine Rekonstruktion wäre dieses sicher interessante
Besteck nicht geeignet.
Den voorsteven ende achtersteven sullen lanck wesen naer
{t..heenen} mits hebbende haer breede diepte Leynck naer des besteders
beliefte, ende heysch vande wercke
Der Vorsteven und der Achtersteven sollen lang sein nach
{…} ferner haben die Breite, Tiefe, Länge nach den Vorstellungen des Auftraggebers,
und den Möglichkeiten des vorhandene Werkes.
Besteck ofte formalie om nae te
maecken een craveelschip hier naer volgende
Besteck oder Formalie um nach zu
machen ein craveelschip hier nach folgend
Inden eersten zal de kiel lanck wesen vyffendedertich voeten
aerdbreeckens, zonder de hylinge, breet derthien duymen,, ende
diepe negen duymen, te weeten de vier duymen binnen, ende de
vyff duymen buyten, de santstroocke gangende ende dit, mitgs.
het naer {…egende}, alles maete der stede vlissinghen.
Zum ersten soll der Kiel lang werden 35 Fuß
aerdbreeckens. ohne das hintere Ende des Kiels, 13 Daumen breit, und
9 Daumen tief, zu wissen 4 Daumen innen, und
5 Daumen außen, der Kielgang und das, ferner
das nach {…}, alle Maße der Stadt Vlissingen.
Zeeuws Archief Middelburg, Rekenkamer C, Toegang 508, Inv. Nr. 6213.
Besteck eines Craveelschip von 1592.01.02.